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INTERVIEW mit Lesley Spiegel (November 2004)

«Das Ziel mit Herz und Geist verfolgen»

Sie bringt frischen Wind ins Zürcher Westend. Lesley Spiegel, 31 Jahre jung, leitet seit
1. Oktober die Stiftung Technopark Zürich, mit 190 Firmen und 1200 Mitarbeitenden.

Von Margrit Stucki

Sie haben sich für die Stelle als Stiftungs-Direktorin gegen 130 Konkurrenten durchgesetzt. Herzliche Gratulation! Was gab den Ausschlag für Ihre Wahl?

Lesley Spiegel: Es war die Mischung aus Fachkompetenz, hoher Motivation und Vernetzung. Seit meinem Studienabschluss habe ich über 30 Jungunternehmen im Technologiebereich im In- und Ausland begleitet und dadurch wertvolles Fachwissen erworben. Mit den Werten der Stiftung Technopark kann ich mich voll und ganz identifizieren – hier möchte ich einen Beitrag leisten, wirklich etwas bewegen. Zudem kann ich auf ein breites Netzwerk von Unternehmen, Hochschulen und Investoren zurückgreifen.

Gab es auch skeptische Stimmen aufgrund Ihres Alters oder Geschlechts?

Nein! Ich hatte nie ein Problem, weil ich eine junge Frau bin. Im Gegenteil: Ich habe nur positive Reaktionen erfahren.

Welche konkreten Ziele verfolgen Sie als neue Chefin?

Grundsätzlich möchte ich weiterführen, was den Erfolg des Technoparks ausmacht, nämlich das Schaffen von nachhaltigen Arbeitsplätzen und die Qualitätssicherung. Es ist mir ein zentrales Anliegen, die Technologie-Orientierung der Technopark-Firmen zu verstärken und unsere Dienstleistungen laufend an die aktuellen Bedürfnisse anzupassen. Dabei stehen Ziel gerichtetes Coaching, die Unterstützung für den Marktzugang und die Kapitalbeschaffung im Vordergrund. Ein weiteres Ziel ist es, die internationale Vernetzung und Ausstrahlung zu verstärken. Den Jungunternehmen, die ja meistens über begrenzte Ressourcen verfügen, bietet sich die Stiftung Technopark mit ihrem breit gefächerten Netzwerk als Türöffner an.

Die Schweiz ist nicht gerade als Land der Pioniere bekannt. Mit welchen Schwierigkeiten haben hiesige Firmengründer zu kämpfen?

Es stimmt, hierzulande lässt sich eine generelle Risikoscheu beobachten. Sie ist einer der Gründe, warum die Schweiz bezüglich Wirtschaftswachstum an Terrain verloren hat. Hier muss dringend ein Umdenken stattfinden. Denn die neuen Technologie-Unternehmen bilden einen Grundpfeiler für unsere wirtschaftliche Zukunft.
Wer heute in der Schweiz ein Unternehmen aufbauen will, sieht sich vor allem bei der Frühphasen-Finanzierung gefordert. Der Mangel an Startkapital macht es zum Beispiel schwierig, schlagkräftige Teams mit erfahrenen Leuten zu bilden. Umso mehr, als die Lohnkosten sehr hoch sind. Das bedingt von Start-ups, sich auf die Kernkompetenzen, nämlich die wissens- und wertschöpfungsintensiven Bereiche zu konzentrieren.
Eine weitere Hürde, aber gleichzeitig eine Chance für hiesige Start-ups in der Technologie-Branche sehe ich im vernachlässigbar kleinen Heimmarkt. Jungunternehmen tun gut daran, sich von Anfang an international auszurichten, sonst bleiben sie immer Nischenfirmen.

Sie blicken bereits auf eine steile Karriere zurück. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

(Zögert). Eine schwierige Frage. Ich denke es ist die Kombination, die den Erfolg ausmacht: Das Ziel mit Herz und Geist zu verfolgen und dabei die nötige Ausdauer an den Tag zu legen.

Aus welchen Quellen beziehen Sie Ihre Energie?

In erster Linie aus der Begeisterung, mit der ich arbeite. Ich habe Freude an der Dynamik, am Abwechslungsreichtum meiner Aufgaben.
Als Ausgleich dient mir zudem der Sport. Ich nehme mir täglich eine Stunde Zeit um zu trainieren.

Welches Unternehmen würden Sie auf keinen Fall als Kunde aufnehmen?

Wenn ein Team nicht voll hinter seiner Geschäftsidee steht. Leute, die nicht für hundert- prozentigen Einsatz auf allen Ebenen bereit sind, kann und will ich nicht coachen.

Wie wichtig ist Ihnen Weiterbildung – speziell in der Informatik?

Stetige Weiterbildung halte ich für enorm wichtig. Sie muss aber nicht zwingend im Schulzimmer stattfinden. Im Informatikbereich pflege ich einen pragmatischen Ansatz: Die nötigen Anwenderkenntnisse eigne ich mir selbständig an. Das fällt mir leicht, weil ich es vom Studium her gewohnt bin und weil wir in meinem Metier standardisierte Produkte verwenden.

Welche Fähigkeit hätten Sie gerne?

Ich bin zufrieden mit meinen Fähigkeiten und möchte diese stets weiterentwickeln.


Lesley Spiegel ist in Zürich geboren und aufgewachsen. Sie studierte in Israel und schloss in Kunst, Geschichte und Management mit einem Master of Science ab. Danach war sie in Tel Aviv, später in Zürich für Ernst & Young Corporate Finance tätig. 2003 machte sie sich mit ihrer Firma Spiegel Ventures selbständig. Seit 1.Oktober amtet sie als Direktorin der Stiftung Technopark. Die passionierte Ausdauersportlerin ist verheiratet und lebt in Zürich.